„Verbotene Filme, Vergessene Träume“
Mutige DEFA-Werke kehren auf die Leinwand zurück
Die Sächsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und die Filminitiative Dresden e.V. laden vom 15. Oktober bis 3. Dezember 2025 zu einer sechsteiligen Filmreihe mit begleitenden Expertengesprächen ins Clubkino im Lingnerschloss in Dresden ein.
Anlass ist das 60. Jubiläum des 11. Plenums des Zentralkomitees der SED im Dezember 1965 unter dem Vorsitz von Walter Ulbricht. Das Plenum markierte eine einschneidende kulturpolitische Wende in der DDR und ging deshalb als „Kahlschlagplenum“ in die Geschichte ein. Werke von Künstlerinnen und Künstlern, die sich kritisch mit den Entwicklungen in der DDR auseinandersetzten, wurden diffamiert und ihre Arbeiten verboten. Auch die staatliche Filmgesellschaft DEFA blieb nicht verschont: Fast der gesamte Jahrgang 1965 – zwölf Spielfilme – wurde eingezogen und war über Jahrzehnte für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Für viele Kreative bedeutete dies das Ende ihrer Laufbahn. Erst nach 1989 gelangten einige der Filme auf die Leinwand. Heute gelten sie als mutige Zeugnisse künstlerischer Integrität und als mahnendes Beispiel für den Umgang mit Kunst in autoritären Systemen.
„Die verbotenen Filme von 1965 erinnern uns daran, wie eng Kunstfreiheit und Demokratie miteinander verbunden sind“, betont Dr. Nancy Aris, Sächsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. „Wer die Geschichte dieser Werke kennt, versteht besser, wie rigide die DDR mit anderen Sichtweisen umging: Schon geringe Abweichungen von der offiziellen Linie reichten für ein Verbot. Heute mahnen diese Filme uns, die Vielfalt an Stimmen und Blickwinkeln nicht als Gefahr, sondern als Bereicherung zu begreifen.“
Die Reihe im Clubkino präsentiert sechs dieser bedeutenden Werke. Jede Vorführung wird durch eine Einführung und ein Fachgespräch mit Expertinnen und Experten begleitet. Zum Auftakt am 15. Oktober spricht die Sächsische Landesbeauftragte,
Dr. Nancy Aris. Wir freuen uns auf Sie!
Programmüberblick:
15.10. Das Kaninchen bin ich (Regie: Kurt Maetzig),
Referent: Dr. Rainer Rother
22.10. Berlin um die Ecke (Regie: Gerhard Klein),
Referent: Ralf Dittrich
29.10. Fräulein Schmetterling (Regie: Kurt Barthel),
Referentin: Marion Voigt-Schöneck
05.11. Der verlorene Engel (Regie: Ralf Kirsten),
Referent: Dr. Claus Löser
12.11. Spur der Steine (Regie: Frank Beyer),
Referent: Dr. Andreas Kötzing
03.12. Denk bloß nicht, ich heule (Regie: Frank Vogel),
Referentin: Dr. Anne Barnert
Ort: Clubkino im Lingnerschloss, Bautzner Straße 132, 01099 Dresden
Beginn: jeweils 18
Uhr
Eintritt: 5 Euro
Reservierung: info@clubkino-dresden.de
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Veranstaltungen in Cottbus
Freitag, 17.10. - 10 bis 17 Uhr – Stadthaus Cottbus Symposium
WAS MENSCHEN MENSCHEN ANTUN
Bewältigungsstrategien und Aufarbeitung gesundheitlicher Folgeschäden infolge von Traumatisierung durch DDR-/SED-Unrechtserleben Aufarbeitung unter historischen unter künstlerischen Aspekten
Dr. Peter Keup, Historiker Menschenrechtszentrum Cottbus
WIE AUS OPFERN TÄTER WURDEN
Dr. Karl-Heinz Bomberg Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Berlin
BILDER UND BUCHBEITRÄGE von GINO KUHN
Dr. des. Franziska Pfister Politikwissenschaftlerin, Zürich
HERZLICH UNWILLKOMMEN. ALLTAGSRASSISMUS
GEGEN VERTRAGSARBEITENDE IN DER DDR
Podium – THEMA: ASPEKTE DER AUFARBEITUNG
Mit Gino Kuhn, Berlin; Dr. Maria Nooke; Dr. des. Franziska Pfister; Dr. Karl-Heinz Bomberg; Christoph Polster
Moderation Dr. Peter Keup
Dokumentarfilm Splitter im Kopf
Eine RBB-Produktion (Prof. Dr. Jürgen Haase, Regisseur und Filmproduzent, Berlin
Diskussion mit Regisseur Haase und den Protagonisten Bomberg und Kuhn
Moderation: Dr. Peter Keup
Dr. med. Bomberg, 1955 in Creuzburg geboren, ist Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie Anästhesie und Intensivmedizin. Er arbeitet als Psychoanalytiker in eigener Praxis in Berlin, ist Dozent, Lehranalytiker und Supervisor an der Arbeitsgemeinschaft für Psychoanalyse und Psychotherapie Berlin(APB). Zudem ist er Liedermacher. Seine Texte sind ehrlich, tiefgründig und erzählen Geschichten vom Leben, der Liebe und den Herausforderungen der Gesellschaft. Schon früh in seiner Karriere wurde Bomberg wegen seiner kritischen Lieder inhaftiert, doch das konnte ihn nicht stoppen.
Gino Kuhn wurde 1955 in Walldürn in Baden-Württemberg geboren. Er zieht in den 70er Jahren nach West-Berlin und entscheidet sich, DDR-Bürgern zur Flucht über die Grenze zu verhelfen. Bereits bei der ersten Schleusung 1975 wird er verraten und verhaftet und zu sechs Jahren Haft wegen „Staatsfeindlichen Menschenhandels“ verurteilt. Nach zweieinhalb Jahren Haft wird Kuhn schließlich von der Bundesrepublik freigekauft. 1992 wird er von dem Bezirksgericht Cottbus voll rehabilitiert. Seit seiner Haftzeit hilft ihm die Kunst, das Erlebte zu verarbeiten.
Grußwort Dr. Maria Nooke Die Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur (LakD) und Tobias Schick, Oberbürgermeister der Stadt Cottbus
POLITISCHES ERNTEDANKFEST
Christoph Polster Atelier«-Gespräch mit Gino Kuhn und Carsten Thiemann
Moderation: Christoph Polster und Harald Korff
Samstag, 18.10 – 11 bis 14 Uhr Menschenrechtszentrum Cottbus
Symposium – WAS MENSCHEN MENSCHEN ANTUN
Grußwort Dieter Dombrowski, Vorsitzender MRZ Cottbus e.V. und UOKG Berlin
Führung Musterzellen Bilder - Gino Kuhn und Ellen Thiemann mit geführter Präsentation – Moderation: Christoph Polster und Harald Korff
Ellen Thiemann wurde 1937 in Dresden geboren und ist 2018 in Köln gestorben. Sie war eine bedeutende und prominente Journalistin und Autorin, eine engagierte Aktivistin und Zeitzeugin sowie eine kreative Künstlerin. Für Ihre Leistungen wurde sie u.a. mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Die Flucht mit ihrem Sohn Carsten aus der DDR wurde durch ihren Ehemann verraten. Sie saß mehr als drei Jahre in Hohneneck ein und kam 1975 durch Freikauf in die Bundesrepublik.
Hinweis zu den Veranstaltungsorten:
Menschenrechtszentrum Cottbus, 03050 Cottbus, Bautzener Straße 140
Stadthaus Cottbus: 03046 Cottbus, Erich-Kästner-Platz 1
Teilnahme: Um Anmeldung zu den Veranstaltungen wird gebeten bis zum 15.10.2025 unter chr.polster@aufarbeitungcottbus.de.
Kosten für die Teilnahme werden nicht erhoben.
Das Symposium WAS MENSCHEN MENSCHEN ANTUN ist ein Kooperationsprojekt mit dem Menschenrechtszentrum Cottbus e.V., der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V., der Städtischen Sammlung Cottbus, dem Bundesarchiv/Stasi-Zentrale. Campus für Demokratie, dem Stasimuseum/ASTAK e.V.
Fotos: Gino Kuhn, Chris Hendschke, Ellen Thiemann
Gefördert von der Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur (LAkD) und dem Berliner Beauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Aufarbeitung »Region Cottbus und die beiden deutschen Diktaturen« e.V., Kurzbezeichnung: Aufarbeitung Cottbus e.V. – ACB e. V. – www.aufarbeitung- cottbus.de
Das Symposium findet im 35. Jahr der Deutschen Einheit statt, am 17. und 18. Oktober 2025.
Die Transformation der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen DDR-Verhältnisse in die Deutsche Einheit war mit und trotz Belastungen und Verwerfungen eine Erfolgsgeschichte, für die wir dankbar.
Allerdings: Zu den Aspekten der immer noch ungenügend realisierten Gerechtigkeitsfragen gehören Schicksale von ehemaligen politischen Häftlingen, die durch das Unrechtssystem der DDR-/SED-Diktatur Beschädigungen erleiden mussten und teilweise auch noch heute davon betroffen sind. Insofern richtet das Symposium den Blick auf diese Menschen, die oft genug fern ab der Aufmerksamkeit der sogenannten Mehrheitsgesellschaft stehen. Das Symposium thematisiert aus therapeutischer, historischer und künstlerischer Sicht einerseits Ursachen, Wirkweisen und therapeutische Erfahrungen – und andererseits Bewältigungsstrategien und Aufarbeitung gesundheitlicher Folgeschäden infolge von Traumatisierung durch DDR-/SED-Unrechtserleben.
Hier soll existenziellen Fragen des Lebens und Überlebens nachgegangen werden.
Die Bedeutung von Konstruktivität und Destruktivität in der gesellschaftlichen Entwicklung und insbesondere in der Langzeitdokumentation politisch Verfolgter der DDR wird untersucht. Dabei erscheinen erlittene Traumafolgestörungen wie eine Grunderkrankung, die durch äußere oder innere Auslöser jederzeit reaktiviert werden